Rheumakranke Kinder mit juveniler idiopathischer Arthritis können unter bestimmten Voraussetzungen ihre Basistherapie mit Methotrexat absetzen. Ein Biomarker kann das Rückfallrisiko vorhersagen und die Therapieentscheidung so erleichtern. Darauf weist die Deutsche Rheuma-Liga hin.
Erst kommt die Spritze, dann die Übelkeit: Der Tag der wöchentlichen MTX-Injektion und die Nebenwirkungen können die ganze Familie von Kindern mit juveniler idiopathischer Arthritis belasten. Sobald die mess- und fühlbaren Krankheitszeichen der rheumatischen Erkrankung abgeklungen sind, stellen sich viele Eltern daher vor allem eine Frage: Wann können wir das Medikament endlich absetzen?
Der Kinderrheumatologe Professor Dr. Dirk Föll und seine Mitarbeiter vom Universitätsklinikum Münster haben daher untersucht, was passiert, wenn Kinder nach Erreichen der Remission MTX absetzen. Die Deutsche Rheuma-Liga hat dieses Forschungsvorhaben finanziell unterstützt. In der Studie beobachteten sie Kinder mit JIA, bei denen die Krankheitsaktivität zur Ruhe gekommen war. Dabei stellte sich heraus, dass die Dauer, für die Kinder mit niedriger Krankheitsaktivität MTX weiter einnahmen, keinen Einfluss auf das Rückfallrisiko hatte: Es war egal, ob die Kinder das Medikament nach sechs oder zwölf Monaten absetzten. Allerdings wurde auch bestätigt, dass in mindestens 50 Prozent die Krankheitsaktivität wieder aufflammt.
In einer zweiten Studie fanden die Forscher sogenannte Biomarker, anhand derer sich mit größerer Wahrscheinlichkeit vorhersagen lässt, ob betroffenen Kindern beim Absetzen von MTX ein Rückfall droht oder nicht. Dabei handelt es sich um Calprotectin (MRP8/14), Calgranulin C (S100A12) sowie hoch-sensitives C-reaktives Protein (hsCRP). Sind die Werte für diese Biomarker erhöht, sollten die behandelnden Kinderrheumatologen lieber auf ein Absetzen von Methotrexat verzichten, da das Risiko für einen Rückfall stark erhöht ist. „Allerdings kann der Test einen Rückfall nicht ausschließen: Selbst wenn die Werte im Normbereich liegen, heißt das nicht, dass für das Kind überhaupt kein Rückfallrisiko besteht“, betont Prof. Föll.
Der Rheumatologe und sein Team haben in Studien Grenzwerte ermittelt, die wissenschaftlich basiert festlegen, ab wann ein erhöhtes Risiko für einen Rückfall besteht. Für die Bestimmung der Marker stehen verschiedene Messsysteme von unterschiedlichen Herstellern zur Verfügung. Wichtig ist, dass für die speziellen Messverfahren jeweils unterschiedliche Grenzwerte für die Bestimmung des Rückfallrisikos gelten. Werte aus dem einen Labor können daher nicht ohne weiteres mit denen aus einem anderen Labor verglichen werden. „Leider sind die Grenzwerte für die Bestimmung des Rückfallrisikos in der Regel nicht in den Testanleitungen zu finden. Deshalb ist es sehr wichtig, dass das durchführende Labor diese Besonderheiten beachtet“, betont Prof. Föll. Im Zweifel steht das Universitätsklinikum Münster mit der dort etablierten Methode zur Verfügung. Dort führt das Zentrallabor den Calprotectin-Test mit einer dafür zugelassenen Methode durch.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Messung von Calprotectin (MRP8/14). Dafür stellt der behandelnde Arzt in der Praxis oder Ambulanz einen Laborüberweisungsschein aus. Für Krankenhäuser gilt, dass die Untersuchung als Auftragsleistung übernommen wird. Selbstzahler erhalten eine Laborrechnung, die bei der privaten Krankenversicherung eingereicht werden kann.
Das Thema MTX ist beim Rheumafoon, dem Beratungstelefon für Eltern der Deutschen Rheuma-Liga, ein häufiges Thema. „Man kann sich als Außenstehender kaum vorstellen, welche Belastung die wöchentliche MTX-Spritze für rheumakranke Kinder und ihre Familien bedeutet“, berichtet Silke Metke, Mitglied im Ausschuss für Eltern mit rheumakranken Kindern und Jugendlichen und ehrenamtliche Rheumafoon-Beraterin. Sie hat drei Kinder, von denen zwei an Rheuma erkrankt sind, und kennt die Nebenwirkungen des Präparats nur zu gut, darunter Übelkeit und Bauchschmerzen. „Es kann vorkommen, dass betroffenen Kindern schon schlecht wird, wenn sie die Farbe Gelb sehen, weil sie unbewusst an den gelben Inhalt der MTX-Spritze denken“, ist ihre Erfahrung. „Wir freuen uns, dass diese neuen Forschungsergebnisse dabei helfen können, die Frage zu klären, wie hoch das Rückfallrisiko beim Absetzen vom MTX ist. Denn wer einmal sein Kind in einem akuten Rheuma-Schub hat leiden sehen, möchte auf keinen Fall riskieren, dass die Krankheit nach dem Absetzen der MTX-Therapie erneut aufflammt.“
Weitere Studien sollen klären, ob die Biomarker auch bei Erwachsenen in Remission vorhersagen können, wie sie auf das Absetzen von MTX reagieren. Bis etwaige Ergebnisse vorliegen, wird es jedoch noch einige Jahre dauern.
Telefonische Beratung für Eltern mit rheumakranken Kindern
Die Deutsche Rheuma-Liga bietet bundesweit ein Beratungstelefon für Eltern mit rheumakranken Kindern oder Jugendlichen an: Die eigens geschulten Rheumafooner haben ein offenes Ohr und geben Tipps aus ihrer Erfahrung. Wenn der Anrufbeantworter dran ist, bitte Namen und Telefonnummer hinterlassen – die Ehrenamtlichen rufen gern deutschlandweit zurück.
Die ehrenamtlichen Beraterinnen:
Marcus Bopp: 07642 / 925125
Angelika Kapp: 0178 – 134 68 4
Silke Metke: 0176 – 327 039 78 oder rheumafoon-Eltern@rheuma-liga.de
Dr. Patricia Vöttiner-Pletz: 0 77 25 – 91 77 97
Informationen für Eltern gibt es auch online unter:
Häufige Fragen von Eltern:
www.rheuma-liga.de/elternfragen
Mit freundlichen Grüßen
Christel Dautzenberg
Sekretariat/Veranstaltungsorganisation
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.
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Quelle: Pressemitteilung des Bundesverbands Deutsche Rheuma-Liga vom 26.6.15