Argumente für mehr Bewegung sammelt auch der siebente Arthrosetag. Er fand mit etwa 300 Teilnehmern am 22. Oktober am Rande des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin statt.
Das tägliche Sport- und Bewegungsprogramm sollte so selbstverständlich werden wie das Zähneputzen. Das forderte Prof. Michael Nerlich vom Universitätsklinikum Regensburg, der mit den beiden anderen Kongresspräsidenten das Publikum eingangs begrüßte. Dr. Helmut Sörensen, Präsident der gastgebenden Berliner Rheuma-Liga, nahm das Thema auf. Auch wenn früher oder später jeder Vierte von rheumatischen Erkrankungen betroffen sei, Linderung durch Bewegung und zielgerichtets Training ist möglich – etwa in den 700 Bewegungsgruppen der Liga allein in Berlin.
„Was geht ohne Messer?“ fragte Prof. Bernd Kladny in seinem Vortrag zur Behandlung von Gelenkverschleiß. Der Chefarzt Orthopädie der Fachklinik für Unfallchirurgie in Herzogenaurach ging knapp und systematisch die sogenannten konservativen Therapien durch. Für Bewegung spricht aus seiner Sicht, dass damit Schmerzen reduziert und die Funktionalität von Gelenken wieder erreicht wird. Die ausgewählten Sportarten sollten eher in gleichförmige Bewegungen ablaufen.
Auch Abnehmen hält er für eine gute Idee: Schon fünf Prozent weniger Körpergewicht, erreicht über 20 Wochen, führten zu einer spürbaren Entlastung der Gelenke. Bei der Aufzählung möglicher Medikamente lieferte Kladny zugleich die Einschränkungen oder mögliche Nebenwirkungen mit – von Magengeschwüren bis hin zur Schlaganfallgefahr. „Der Mensch ist ein Lauftier und kein Faultier, die Muskulatur das beste Medikament“, so fasste der Orthopäde seinen Überblick zusammen. Im Anschluss schilderte Prof. Wolfgang Rüther, welche Möglichkeiten zur Operation von Arthrosen es gibt, wenn andere Methoden nicht greifen.
Nach einer kurzen Unterbrechung beleuchtete Dr. Hermann Locher in seinem Vortrag die Schmerzen in der Gelenkumgebung und was man dagegen tun kann. Ein relativ spät, nämlich erst 1989 bezeichnetes Phänomen stellte Prof. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Rheuma-Liga, in ihrem Vortrag vor. Die Sarkopenie benennt den Muskelabbau im Alter, der noch nicht in das System der Krankheitsklassifikation ICD eingeordnet wurde. Dennoch wird er mit zunehmendem Alter der Bevölkerung immer häufiger. In den USA schätzte man schon vor 15 Jahren die jährlichen Kosten auf 25,2 Milliarden Dollar. Begleitet wird die Sarkopenie oft von Osteoporose, Adipositas und Diabetes Typ 2. In einer Gruppe von durchschnittlich 83 Jahre alten Patienten litt ein Viertel an dieser neuen Krankheit, die noch nicht als solche gilt. Eine ursächliche Therapie gebe es ebensowenig, erklärte Gromnica-Ihle, allerdings ist Vorbeugung möglich:
„Krafttraining, so gut wie noch möglich, auch gegen geringe Widerstände.“ Durch Sport ließe sich die Sarkopenie bei Frauen um 50 Prozent reduzieren.
Eine Menge guter Argumente für die neue Bewegungskampagne der Rheuma-Liga. Einen Vorgeschmack darauf vermittelte ein Trainer in der Pause zwischen den Vorträgen – da ging es zunächst um einfach Bewegungen am Platz, verbunden mit gar nicht so einfachen Koordinationsübungen. Nach Gesprächen in den Landesverbänden wird das Programm 2016 bundesweit starten.
Autorin: Ulrike Henning
Der 7. Arthrosetag im Rahmen des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2015 wurde veranstaltet von der Deutschen Rheuma-Liga Berlin e.V. in Kooperation mit der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V. sowie der Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), dem Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) und der Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU)
Programm zum 7. Arthrosetag als PDF zum Download
Prof. Wolfgang Rüther – Operative Behandlung der Arthrose – Vortrag als PDF zum Download
Prof. Erika Gromnica-Ihle – Sarkopenie – Vortrag als PDF zum Download