Kortisonpräparate zählen trotz ihrer Nebenwirkungen zu den wichtigsten Mitteln gegen entzündliche rheumatische Beschwerden. Die Europäische Liga gegen Rheuma (EULAR) hat eine neue Empfehlung herausgegeben: In einer geringen Dosierung können Glukokortikoide auch über einen längeren Zeitraum verabreicht werden.
Seit über sechs Jahrzehnten werden Glukokortikoide (GC) in der Rheumatologie erfolgreich angewandt. Sie sind in der klinischen Praxis die am stärksten entzündungshemmend wirkenden Medikamente. Auch auf das Immunsystem üben sie eine verändernde und somit positive Wirkung aus, daher sind sie in der Therapie vieler entzündlich-rheumatischer Krankheiten unverzichtbar. Allerdings ist eine Behandlung mit GC mit hohen Nebenwirkungen verbunden.
Eine Expertengruppe, zu der Dr. Cindy Strehl von der Berliner Charité gehört, beschäftigt sich mit der Frage nach sicheren Langzeit-Therapien, die mit drei bis sechs Monaten oder länger veranschlagt wurden. Vor allem die Risiken der Substanzgruppe erfahren zunehmend eine evidenzbasierte Bewertung. Dies führt gerade in der Dauertherapie derzeit zu einem Paradigmenwechsel.
Nebenwirkungen einkalkuliert
“Letztendlich spielen neben der Dosis und Dauer der Glukokortikoidtherapie die patientenspezifischen Faktoren eine Rolle. Einige lassen sich durch den Patienten selbst oder den behandelnden Arzt beeinflussen”, sagt Dr. Strehl. Dazu gehören zum Beispiel eine gesunde Ernährung, sportliche Betätigung oder die Vorbeugung sowie Behandlung bestimmter Nebenwirkungen, wie Infektionen. Nicht beinflussbare Faktoren wie Alter, Geschlecht oder genetische Veranlagung spielen auch eine Rolle: “Diese Faktoren können das tatsächliche Risiko einer Nebenwirkung verändern, sowohl zum Besseren als auch zum Schlechteren, und müssen deshalb vom behandelnden Arzt vor, während und nach der Therapie beachtet werden”, so die Berliner Wissenschaftlerin. Eine allgemeine Aussage zur Beurteilung des Risikos einer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden mache diese Rahmenbedingungen jedoch schwieriger.
Strehl ist sicher, dass die Beachtung von Richtlinien und Empfehlungen sowie eine umfangreiche Aufklärung der Patienten zu Risiken und Nebenwirkungen, verbunden mit einer kontinuierlichen Kontrolle, zu einem guten Risiko-Nutzen-Verhältnis führen.