Jedes Jahr erreichen etwa 2.500 junge Rheumatiker das Alter, in dem sie sich vom Kinder-Rheumatologen verabschieden müssten. Das läuft nicht immer reibungslos: Jeder Dritte bricht seine Behandlung ab, unter Umständen mit schweren Folgen für die Gesundheit. Ein Projekt der Rheuma-Liga steuert gegen.
Die 21-jährige Saskia Staudt erinnert sich noch gut an die Schwierigkeiten, die sie bei ihrem Übergang hatte: „Der Erwachsenen-Rheumatologe hat nicht mehr so viel Zeit für mich wie mein alter Kinder-Rheumatologe. Auch die Wartezeiten bis zu einem Termin sind länger. Am Anfang ist mir das sehr schwer gefallen. Ich war einfach nicht darauf vorbereitet“, sagt die junge Frau.
Saskia ist kein Einzelfall. Studien des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin (DRFZ) belegen, dass jeder dritte Jugendliche seine Behandlung abbricht. Veröffentlichungen von Prof. Kirsten Minden und Martina Niewerth vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin zeigen die Probleme, auf die Jugendliche bei der sogenannten Transition stoßen. Die Wissenschaftlerinnen beraten die Deutsche Rheuma-Liga in diesem Projekt und werden es evaluieren. Ihre Erfahrung: Den meisten jungen Erwachsenen mit Rheuma fällt es schwer, sich auf die ungewohnte Situation und einen neuen Ansprechpartner einzustellen. „Die Patienten suchen erst wieder einen Facharzt auf, wenn Komplikationen auftreten“, sagt die Rheumatologin Prof. Kirsten Minden. Das neue Transitions-Angebot der Deutschen Rheuma-Liga soll dies verhindern. Das Bundesministerium für Gesundheit fördert das wissenschaftlich begleitete Projekt seit 2014.
Anlaufstelle im Netz
Zentrale virtuelle Anlaufstelle ist die neue Webseite www.mein-rheuma-wird-erwachsen.de. Als interaktives Selbsthilfemodul aufgebaut, vereint sie alle nötigen Informationen für einen reibungslosen Übergang. Gleichaltrige wie Saskia fungieren als Transition-Peers. Sie berichten, wie sie den Übergang erlebt haben. Die zehn Transition-Peers stehen per WhatsApp, E-Mail oder telefonisch für Fragen zur Verfügung. Betroffene Jugendliche können zudem ihre eigene Geschichte aufschreiben oder als Videobotschaft einsenden.
„Der Austausch mit anderen jungen Leuten, die wie ich eine Rheumaerkrankung haben, hat mir persönlich sehr geholfen, die Krankheit zu akzeptieren“, erinnert sich Saskia. Deshalb ist die 21-Jährige selbst in die Helferrolle geschlüpft und begleitet Jugendliche beim Übergang. Die gegenseitige Unterstützung ist ein zentraler Bestandteil des Transitions-Projektes. Dabei kommt die Information über die verschiedenen rheumatischen Erkrankungsformen und über bereits bestehende Angebote für junge Erwachsene nicht zu kurz. Diese Infos sind besonders wichtig, weil zuvor häufig die Eltern das „Rheuma-Management“ übernommen haben.
Erfolgreich im zweiten Anlauf
Saskia hat sich zunehmend abgenabelt, ohne jedoch komplett auf die Hilfe ihrer Mutter zu verzichten. Für die Eltern heißt es, loszulassen und den Kindern Spielraum für die Eigenverantwortung geben. In einem Workshop der Deutschen Rheuma-Liga lernte die Mutter, wie sie den Weg für ihre Tochter ebnen kann, ihre Erkrankung selbst in die Hand zu nehmen. Saskia hat den Übergang geschafft. „Den Start bei meiner zweiten Ärztin habe ich besser geplant und mir eine Liste gemacht mit den Themen, die ich besprechen möchte. Auch habe ich mir in Stichworten aufgeschrieben, was die Ärztin über meine Krankheit wissen sollte, welche Medikamente ich einnehme, wann mein letzter Schub war, wie lang dieser ging und vieles mehr. Früher hat Mama eben alles gemanagt.“
Weitere Informationen:
www.mein-rheuma-wird-erwachsen.de
Quelle: Newsletter Spezial 01/2016, Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband