Arthrose ist eine Erkrankung, die jeden treffen kann: Über sechs Millionen Menschen müssen in Deutschland einen Arzt wegen ihrer schmerzhaften Gelenke aufsuchen. Was Arthrose ist und wie man sie behandeln kann – darüber informierte der 5. Arthrosetag während des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) am 23. Oktober in Berlin auch interessierte Laien. Experten aus Orthopädie, medizinischer Forschung und Physikalischer Medizin, Rehabilitations- und Schmerzmedizin stellten sich den Fragen der Besucher. Die Professoren Erika Gromnica-Ihle, die Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga, und Wolfgang Rüther, der Direktor der Orthopädien Klinikum Bad Bramstedt GmbH und Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hatten die wissenschaftliche Leitung der Fachveranstaltung.
Zu Beginn des Arthrosetags erläuterte Prof. Dr. med. Thomas Pap, Direktor des Instituts für Experimentelle Muskuloskelettale Medizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster die neuesten Ergebnisse der Arthroseforschung. Die Forschung habe herausgefunden, dass ein spezieller Gendefekt dazu führe, dass eine Arthrose – also bevorzugt eine Verkalkung des Gelenkknorpels – bei einigen Menschen schneller zunehme als bei anderen. Die Entstehung des Gendefekts sei bereits im Embryo nachzuweisen. Die Ursachen seien im Moment noch sehr komplex, da sie in der Biologie der Knorpelzellen liegen würden. In fünf bis zehn Jahren könnten daraus wirksamere Behandlungsmöglichkeiten entstehen, wobei allerdings die Entwicklungsprozesse im Knorpel und Knochen noch weiter zu analysieren seien.
Prof. Dr. Andreas Halder, der Chefarzt der Klinik für operative Orthopädie der Sana Kliniken Sommerfeld und Außerplanmäßiger Professor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, stellte „Operationsverfahren bei Arthrosen von Hüft- und Kniegelenk“ vor. Prof. Halder zeigte auf, welche Möglichkeiten der Operation es gibt, wenn alle anderen eingeleiteten konservativen Maßnahmen zu keinem Erfolg führen.
In seinem Vortrag „Arthrosen der Armgelenke“ betonte Prof. Rüther den allgemeinen Grundsatz, dass nicht jede Arthrose mit Schmerzen einhergehe. Eine wichtige präventive Maßnahme sei in jedem Fall die Stärkung der Muskulatur, da bei einem Auftreten der Erkrankung die Wirkung abgemildert werden könne. Zusätzlich könnten entzündungshemmende Mittel, Kälte- und Wärmebehandlungen sowie im letzten Schritt auch operative Methoden helfen. Vor dem Entschluss zu einer Operation solle der Betroffene sich jedoch umfassend über Möglichkeiten und Risiken informieren.
Danach widmete sich Rüther vor allem den Handgelenksarthrosen und differenzierte zwischen den Arthrosen der Fingerendgelenke, der Fingermittelgelenke und der Gelenke des Daumens. Bei diesen Arthrosen könnten Kortison-Spritzen in das betroffene Gelenk für einige Zeit gegen den Schmerz helfen. Danach stellte Rüther einige Operationsmethoden vor und wägte die jeweiligen Vor- und Nachteilen ab. Eine Operation solle aber nur als letztes Mittel erfolgen, wenn die Schmerzen die Lebensqualität des Betroffenen stark beeinträchtigten. Denn die Schmerzfreiheit nach einer erfolgreichen Operation „erkaufe“ sich der Betroffene mit Versteifungen oder der Verringerung von Muskelkraft.
Prof. Dr. med. Josef Zacher, der Ärztliche Direktor des Zentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie im HELIOS Klinikum Berlin-Buch, referierte im Vortrag „Arthrose – was wirklich hilft!“ zunächst über die unterschiedlichen Verläufe von Arthrosen. Ein großer Teil der Arthrosen habe einen leichten Verlauf: viele Betroffene würden ihre Arthrose gar nicht bemerken. Andere Betroffene würden einen wechselhaften Verlauf erleben. Hierbei mache sich die Krankheit jahrelang schmerzhaft bemerkbar, gehe aber danach wieder zurück. Der Anteil von Betroffenen mit einer fortschreitenden schweren Arthrose liege in etwa bei zehn Prozent.
Die Behandlung einer Arthrose habe folgende Ziele: Reduktion von Schmerzen, Erhalt der Gelenkfunktionen, Rückgang der Entzündung und Verhinderung des Fortschreitens der Erkrankung. Eine Behandlungsmethode solle zudem schnell und effektiv wirken und auch nur wenige Nebenwirkungen verursachen. Jedoch beobachte man bei einigen Behandlungsmethoden nur Placebo-Effekte statt substantieller Verbesserungen. Zudem sei die Fachwelt in der Beurteilung der Wirksamkeit vieler Verfahren gespalten.
Als Überblick über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zog Professor Zacher die aktuelle Leitlinie des amerikanischen Orthopädenverbandes (AAOS) heran. Diese Leitlinie listet die wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnisse zu 15 Behandlungsmethoden auf. Dabei führen etwa die Teilnahme an Bewegungsübungen oder geeignete körperliche Betätigungen zu positiven Effekten. Über Akupunktur, Einlagen oder Orthesen beispielsweise gibt es jedoch keine wissenschaftlich eindeutigen Erkenntnisse, dies gilt unter anderem auch für Hyaluroninjektionen.
In der anschließenden Diskussion verdeutlichten die Referenten, dass die Betroffenen keineswegs den Glauben an eine Wirkung der von ihnen gewählten Behandlungsmethode verlieren sollten. Die Wirkung beim einzelnen Patienten kann oft anders sein, als die durchschnittlichen Ergebnisse in wissenschaftlichen Studien. Außer sei es besonders wichtig, gerade mit Arthrose lieb gewordene, Lebensgewohnheiten zu ändern. Bewegung zum Muskeltraining und das Anstreben eines Normalgewichts, letzteres bereits in jüngeren Jahren, sind unabdingbar.
Den diesjährigen Arthrosetag im Großen Saal der Messe Süd besuchten über 400 interessierte Gäste. Veranstalter des 5. Arthrosetages im Rahmen des DKOU 2013 war die Deutsche Rheuma-Liga Berlin e.V. Freundlich unterstützt wurde die Veranstaltung durch die Kongresspräsidenten Prof. Dr. med. Bernd Kladny, Fachklinik Herzogenaurach Orthopädie/Unfallchirurgie, Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Herzogin Elisabeth Hospital Orthopädische Klinik Braunschweig und Prof. Dr. med. Reinhard Hoffmann, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie.