Bonn, 21.5.2015. Zukünftig soll für die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit nicht mehr die erforderliche Zeit für die Pflege, sondern der Grad der Selbständigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten ausschlaggebend sein. Bereits 2016 soll die zweite Stufe der Pflegereform und damit der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff in Kraft treten.
Die Deutsche Rheuma-Liga begrüßt dies sehr.
Schneller als gedacht, werden die gesetzlichen Vorarbeiten für die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs in Angriff genommen. Hierzu wird in einem Vorschaltgesetz bereits jetzt dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen und dem Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) der Auftrag erteilt, mit den Vorbereitungen für die neuen Begutachtungs-Richtlinien zu beginnen.
„Der pflegebedürftige Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen muss in den Mittelpunkt gestellt werden und nicht die Zeit, die es bedarf, um ein Gesicht zu waschen oder zur Toilette zu gehen. Jetzt erfolgt endlich der von uns seit 2008 angemahnte Wechsel von der Minutenpflege hin zur teilhabeorientierten Pflege“, so Helga Jäniche, Vorstandsmitglied der Deutschen Rheuma-Liga.
Das bisherige Modell der Pflegezeit richtet sich in erster Linie an der Pflege alter Menschen aus. Der Hilfebedarf rheumakranker Menschen ist jedoch keine Frage des Alters, sondern orientiert sich vielmehr an der Intensität und dem Verlauf der Erkrankung. So kann bei der Pflege rheumakranker Menschen der Hilfebedarf zu Anfang deutlich geringer ausfallen, steigt aber im Verlauf der Erkrankung unter Umständen langfristig kontinuierlich an. Zudem kann der schubweise Verlauf der Erkrankung einen sehr hohen Hilfebedarf in einem relativ kurzen Zeitraum hervorrufen.
Die gesetzliche Pflegeversicherung wurde 1995 als 5. Säule der sozialen Sicherung eingeführt. Seitdem ist Pflegebedürftigkeit mit Hilfebedürftigkeit gleichgesetzt. Der Wechsel von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade soll eine differenziertere Einschätzung des Bedarfs an Pflege ermöglichen und sowohl körperlich beeinträchtigte Menschen als auch demente Menschen angemessen berücksichtigen.
Die bisherigen Studienerfahrungen zu dem neuen Modell zeigen, dass für einzelne Betroffenengruppen durchaus eine Verschlechterung zu erwarten ist. Dies trifft vor allem Neuzugänge nach der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. „Die neuen Begutachtungs-Richtlinien dürfen nicht dazu führen, dass Pflegebedürftige gegeneinander ausgespielt werden. Vielmehr muss die Bundesregierung darauf hinwirken, dass eine Verschlechterung nicht eintritt“, fordert Helga Jäniche.